Die Juristenausbildung leidet (schon immer) unter Mängeln. Der Erwerb der kleinen / großen Scheine ist ernstlich für keinen Studenten ein Problem, m.a.W. diese "Zwischenprüfung" leistet gerade nicht das, was sie zumindest auch leisten soll: sie verschafft keinerlei Orientierung darüber, was an Begabung, Wissen und Verständnis vonnöten ist, um die universitäre Endprüfung, das Erste Juristische Staatsexamen zu bestehen. Perfiderweise wird erst durch das Examen selbst diese Orientierung verschafft, d.h. erst ganz zu Ende eines mehrjährigen Ausbildungsgangs wird klar, ob jemand über die notwendigen oben genannten Fertigkeiten verfügt. Hinzu kommt noch eine ausgesprochen ausdifferenzierte Notenskala (von 0-18 Punkten bei nicht weniger als 7 Notenstufen), die suggeriert, man wolle dem einzelnen Prüfling durch möglichst exakte Bewertung in ganz besonderer Weise gerecht werden.

Die anthrazitfarbene Wirklichkeit sieht indes anders aus, wird doch die Notenskala (nach oben) kaum einmal ausgeschöpft und kann man sich erstaunlicherweise bereits dann regelmäßig zum erlauchten Kreis (der besten 10 bis 15 %) zählen, wenn man gerade die Mitte der Notenskala, d.h. 9 Punkte(vollbefriedigend) erreicht hat. Diejenigen, die sich der (bewußten) Härte dieses Systems stellen, weil sie als Jurist reüssieren wollen, tun deshalb gut daran, sich zu überlegen, wie und mit welchen Material sie lernen wollen. Ein Blick in den ausgesprochen umfänglichen Fächerkanon der einschlägigen Ausbildungsvorschriften (vgl. beispielsweise §§ 3 JAG NW, 4a ff JAO NW) zeigt, daß eine ungeheuer große Masse Stoff zu bewältigen ist. Bereits daraus folgt, daß Auswendiglernen nicht das ultimative Lernkonzept sein kann. Unbestreitbar ist ein gutes Gedächtnis ausgesprochen hilfreich, aber eben nur hilfreich und nicht tragend. Zwar ist etwa der Vorschrift des § 2 II JAG NW zu entnehmen, daß die Erste juristische Staatsprüfung zeigen soll, ob der Prüfling über die erforderlichen Rechtskenntnisse verfügt. Aus dieser Vorschrift ergibt sich aber auch - und das ist entscheidend -, daß diese Kenntnisse nicht Selbstzweck sind, sondern dem eigentlichen Ziel dienen: Das Recht mit Verständnis zu erfassen und anzuwenden. Also gilt es, das Recht zu verstehen. Man lernt es verstehen durch Systematisierung und Strukturierung, durch Fragen nach dem Sinn und Zweck der Normen und deren Hintergrund. Das heißt wiederum, daß sämtliche Argumente auf die Norm zu beziehen sind, d.h. aus ihr heraus zu entwickeln oder zumindest mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Argumente, die nicht in dieser Weise normativ rückgebunden sind, bleiben beliebig, liefern keine Erkenntnisse über das geltende Recht, sind zwecklos und wirken sich jedenfalls nicht positiv auf das Punktekonto aus.

Diesen Vorgaben folgt das von uns präsentierte Lernkonzept. Das neuartige an diesem Lernkonzept besteht darin, dass wir eine Video-CD-Rom zum jeweiligen Rechtsgebiet zum Dreh- und Angelpunkt des Lernens machen. Diese Video-CD-Rom präsentiert einen ebenso fachkompetenten wie unterrichtserfahrenen Dozenten, dem es gelingt, einen strukturierten, anschaulichen und daher leicht verständlichen Vortrag über die examensrelevanten Probleme zu geben. Um Ihnen die Gelegenheit zu geben, die Qualität unserer Dozenten zu testen, macht Ihnen die Video-CD-Rom möglich, den Vortrag nicht nur zu hören, sondern den Vortragenden auch zu sehen. So können Sie sich ein unverfälschtes Bild und einen unbestechlichen Eindruck von der Kompetenz unserer Dozenten machen. Ihrem kritischen Blick setzen wir uns gerne aus. Sie werden dabei auch sehen, dass unsere Dozenten zum einen das Wort „Vorlesung" nicht im buchstäblichen Sinne verstehen und zum anderen die präsentierte Rechtsmaterie allein aus den einschlägigen Normen ableiten bzw. auf diese zurückführen. Selbstverständlich streben wir nicht an, alle erdenklichen Rechtsprobleme zu behandeln. Dieses Ziel kann von niemanden erreicht werden. Es dennoch erreichen zu wollen, ist daher nicht übermäßig sinnvoll. Unser Lernprogramm behandelt aber die wesentlichen Inhalte des geltenden Rechts und ermöglicht durch deren exemplarische Behandlung, auch neue Rechtsprobleme zu lösen. Damit ist es die ideale theoretische Grundlage für eine erfolgreiche Fallbearbeitung, d.h. für die Bewältigung des berühmt-berüchtigten "unbekannten Falls" geschaffen. Für die erfolgreiche Fallbearbeitung gilt nämlich nichts anderes als für das Aneignen juristischer Fertigkeiten schlechthin. Die gute Examensklausur schreibt nicht derjenige, der den ihm präsentierten Stoff gedankenlos konsumiert hat. Es kommt vielmehr darauf an, mit dem angeeigneten Wissen mit Sinn und Verstand, d.h. kreativ umzugehen. Da Examensklausuren (bekanntermaßen) unter eminentem Zeitdruck zu erstellen sind, gilt es, diese Fertigkeiten zeitig vorher zu erwerben. So gesehen bilden unser Lernprogramm und die Übungsklausuren aus dem Examensklausurenkurs der Universität eine erfolgversprechende Einheit.


Bochum / Münster, Sommer 2001

RA Siegmar Kemm